Stellungnahme zum Förderverfahren


Aktuelles

Es freut uns, dass Anregungen aus der Stellungnahme zum Förderverfahren (Januar 2019) mittlerweile durch den Jugendhilfeausschuss Leipzig aufgegriffen wurden. So wurde im Januar 2020 ein Antrag durch den Jugendhilfeausschuss auf den Weg gebracht, der eine Beteiligung des Ausschusses bei der Haushaltsbedarfsplanung einforderte. Dieser gründete auf der gesetzlichen Grundlage nach § 71 SGB VIII, nach der sich der Jugendhilfeausschuss mit allen Angelegenheiten der Jugendhilfe befassen kann und dabei explizit mit der Förderung der freien Jugendhilfe beauftragt ist. Wie der Gesetzeskommentar von Wiesner ausweist, handelt es sich dabei um die "Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe durch den JHAusschuss als Teil des JAmts. Bei der jährlichen Bedarfsanmeldung des JAmts gegenüber dem Kämmerer handelt es sich zudem um eine Tätigkeit von herausragender Bedeutung, nicht um eine Routineangelegenheit, die nach feststehenden Grundsätzen als Geschäft der laufenden Verwaltung von der Verwaltung des JAmts erledigt werden kann. Das Recht des Kämmerers zur Aufstellung des Haushaltsplans wird durch das Recht des JHAuschusses nicht berührt, da die Bedarfsanmeldung des JHAuschusses als Teil des JAmts den Kämmerer nicht bindet.“ (Wiesner: SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe. 2015. § 70, Rn 18)

 

Nachdem der Verwaltungsvorschlag eine Ablehnung des Antrages begründete, wurde die Rechtmäßigkeit des Anliegens durch die Landesdirektion Sachsen bestätigt. In der schriftlich vorliegenden Rechtsauffassung kommt die Landesdirektion zur Schlussfolgerung: "Unabhängig von der Qualifikation als Angelegenheit der laufenden Verwaltung, kann der Jugendhilfeausschuss der Verwaltung des Jugendamtes damit auch inhaltliche Vorgaben für die Anmeldung der Haushaltsbedarfe bei der Finanzverwaltung im Rahmen des Haushaltsplanverfahrens machen oder sich zumindest ein Mitwirkungsrecht hieran einräumen lassen. Diese Mitwirkung des Jugendhilfeausschusses sollte nach Ansicht der Landesdirektion Sachsen jugendamtsintern allerdings so organisiert werden, dass es nicht zu einer Verzögerung der Meldung der Haushaltsbedarfe des Jugendamtes an die Finanzverwaltung kommt." Dabei besteht das Mitwirkungsrecht im Zusammenspiel mit der Amtsleitung. Die Kämmerei wird durch die Mitwirkung nicht gebunden. Jedoch ermöglicht dieses Verfahren eine höhere Transparenz sowie eine genauere Nachsteuerung, wenn der Haushaltsplanentwurf abgestimmt wird.

 

Antrag des JHA:

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Verwaltungsstandpunkt:

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03 JHA_Haushaltsbedarfsplanung_Verwaltun
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Rechtsauffassung der Landesdirektion Sachsen:

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04 JHA_Haushaltsbedarfsplanung_Rechtsauf
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Stellungnahme im Wortlaut (Januar 2019)

Regelmäßig führt das Förderverfahren in Leipzig dazu, dass wichtige Angebote für Kinder und Jugendliche vor dem Aus stehen. Fachlich nachvollziehbare Gründe gibt es dafür nicht. Denn in Leipzig orientiert sich das Förderverfahren seit Längerem nicht an Bedarfen, wie es das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) vorschreibt, sondern es wird von der Kostenseite aus gedacht und lediglich mit Budget auf Höhe der Fördersumme aus dem Vorjahr geplant.

Dass daraus eine Schieflage entsteht, ist leicht nachvollziehbar. Denn bei gleichbleibenden Bedarfslagen lassen sich die steigenden Personal- und Betriebskosten mit einem eingefrorenen Budget nicht decken. Die Umsetzung der im Jugendhilfeausschuss beschlossenen Fachstandards, die zur Sicherung der Qualität in den Maßnahmen der Kinder- und Jugendförderung eingeführt worden sind sowie neu beantragte Projekte für Kinder und Jugendliche in einer wachsenden Stadt wurden von der Verwaltung des Amtes für Jugend, Familie und Bildung bei der Planung überhaupt nicht verbindlich berücksichtigt.

Es ist allein dem besonderen Engagement von Fachkräften, Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses und Politiker*innen im Stadtrat zu verdanken, dass der Schaden immer wieder eingegrenzt werden kann. Auch wenn nach wie vor keine konkrete Bedarfseinschätzung vorliegt, hat sich der erweiterte Finanzausschuss der Stadt Leipzig für eine Erhöhung der Fördermittel von 3,0 Mio. Euro für 2019 und 3,5 Mio. Euro für 2020 ausgesprochen. Diese Entwicklung ist erfreulich und ein Ausdruck des politischen Rückhaltes der Angebote, die jungen Menschen zur Förderung ihrer Entwicklung zur Verfügung gestellt werden. Doch um Geld allein geht es nicht. Die fehlenden Mittel sind lediglich ein Symptom eines unsachgemäßen Förderverfahrens, das jedes Jahr die gleichen Probleme erzeugt. Und selbst wenn eine Sicherung der Angebotsstruktur in der Kinder- und Jugendförderung immer wieder gelingen sollte, bleibt die dadurch ausgelöste Verunsicherung nicht ohne Folgen. Leidtragende dieser unverantwortlichen Planungs- und Förderpraxis sind junge Menschen in Leipzig als Adressat*innen der Angebote, die in den Einrichtungen und Projekten berufstätigen Fachkräfte sowie freie Träger.

Das ist nicht länger hinnehmbar! Es ist dringend geboten, das Förderverfahren in Leipzig neu auszurichten, um die schleichende Erosion einer tragfähigen Jugendhilfelandschaft aufzuhalten. 

 

Wir fordern, dass allen jungen Menschen in Leipzig bedarfsgerechte Angebote zur Förderung ihrer Entwicklung zur Verfügung gestellt werden.

 

Wir fordern die Umsetzung eines Förderverfahrens in Leipzig, das den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird.

 

Die Forderung nach einer Neuausrichtung des Förderverfahrens wird unterstützt von:


Der DBSH Sachsen und der Fachkreis SALE haben diese Forderung in Form einer Stellungnahme veröffentlicht.

Stellungnahme:

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Stellungnahme_Förderverfahren_Leipzig_20
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Eine detaillierte Beschreibung des Förderverfahrens sowie der Umsetzungspraxis in Leipzig findet sich in einem ausführlichen Plädoyer zur Neuausrichtung des Förderverfahrens vor Ort. Das Plädoyer wurde vom DBSH Sachsen und dem Fachkreis SALE erarbeitet.

Plädoyer:

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Plädoyer_Förderverfahren_Leipzig_2019.pd
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